IGEL – IGELin – IGEL*in? Der IGEL gendert mit.

Gen­der­ge­rech­te Spra­che, Unfug oder Fort­schritt? Vie­le kämp­fen für eine Ände­rung des Sprach­ge­brauchs und ande­re vie­le fin­den das schreck­lich. Doch was spricht dafür und was dage­gen?
Die­se Fra­ge haben auch wir vom IGEL uns mal gestellt. Bis­her haben wir ganz alt­mo­disch bei­spiels­wei­se bei der von uns viel beach­te­ten Leh­rer­schaft „Leh­re­rin­nen und Leh­rer” geschrie­ben, doch somit wur­den wir dem drit­ten Geschlecht nicht gerecht (huch, das reimt sich ja!). 

Chris“ Idee zu Gender

Die Idee hin­ter dem soge­nann­ten „Gen­dern” ist, alle Geschlech­ter anzu­spre­chen. Doch wie gelingt das sprach­lich am bes­ten und ohne dass es lächer­lich wird?

Es gibt Leh­rer und Schü­ler – was fällt Euch bei die­sen Wör­tern auf? Man nennt sie gene­ri­sches Mas­ku­li­num – sie schlie­ßen weib­li­che Per­so­nen mit ein, ohne die­se zu benen­nen. Kri­ti­ker sagen: Das ist unge­recht. Und es blei­ben dabei auch Men­schen sprach­lich unbe­rück­sich­tigt, die sich weder zum männ­li­chen noch zum weib­li­chen Geschlecht zuge­hö­rig füh­len. Um aber allen Men­schen gerecht zu wer­den, soll künf­tig das soge­nann­te Gen­der­stern­chen oder der Unter­strich ver­wen­det wer­den. Aus dem Wort Leh­rer wird dann gen­der­ge­recht der oder die oder das Lehrer*innen oder aber der oder die oder das Lehrer_innen. Denn zur Fra­ge des Arti­kels gibt es kei­ne Ein­deu­tig­kei­ten. Die­ses Pro­blem muss der IGEL-Redak­teur mit sich selbst ausmachen.

Wir fan­den es daher in jedem Fall sinn­voll, sowohl unse­ren Schul­lei­ter Herrn Schil­ling als auch unse­re Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te Frau Genc zu einem Schlag­ab­tausch zu bit­ten. Aber das Ende vom Lied sei hier­mit schon ver­ra­ten: Klar ist, dass nichts klar ist. Der IGEL wird sich in Zukunft des Gen­der­stern­chens bedie­nen, ein­fach, weil es kür­zer ist als das vor­he­ri­ge „Leh­re­rin­nen und Leh­rer” und alle Mensch*innen des drit­ten Geschlechts sich somit auch end­lich ange­spro­chen und ein­be­zo­gen füh­len kön­nen und dürfen.

IGEL: Gen­der­ge­rech­te Spra­che soll Frau­en sicht­bar machen und den Män­nern gleich­stel­len, das Glei­che gilt für Men­schen, die sich weder als Mann noch als Frau füh­len. Das klingt ja erst­mal grund­sätz­lich nach einer ganz ver­nünf­ti­gen Sache, oder?

Herr Schil­ling: Ich den­ke, der Sinn, der dahin­ter steht, ist sich bewusst zu machen, dass Gleich­be­rech­ti­gung in allen Berei­chen Fuß fas­sen soll und muss. Sicher­lich erscheint dies in dem Bereich Spra­che zunächst viel­leicht frag­wür­dig, oder selt­sam, da die Spra­che und Sprach­ent­wick­lung eine lan­ge Tra­di­ti­on hat und durch sol­che Neue­run­gen „künst­lich“ ver­än­dert wird, was Tra­di­tio­na­lis­ten dann viel­leicht als Über­trei­bung emp­fin­den. Ich den­ke aber pro­gres­si­ve Men­schen kön­nen die­se Ver­än­de­rung nur unter­stüt­zen, denn die gen­der­ge­rech­te Spra­che ist ein bewuss­tes Mit­tel, Gleich­be­rech­ti­gung zu leben und da Spra­che nega­tiv (Pro­pa­gan­da) und posi­tiv ver­wen­det wer­den kann, fin­de ich gen­der­ge­rech­te vor allem Schrift­spra­che als Unter­stüt­zung der posi­ti­ven, welt­ge­wand­ten „Spra­che­vo­lu­ti­on“ sinn­voll und wich­tig zu unter­stüt­zen und wei­ter­zu­ge­ben. Das ist somit auch Auf­ga­be der Schu­le.

Frau Genc: Ja, aller­dings. Wobei sich die Gleich­stel­lung nicht nur durch die Ver­wen­dung  eines * oder eines _ aus­ma­chen lässt. Was nützt es uns, wenn wir Arbeit­neh­me­rIn­nen oder Arbeit­neh­me­rin­nen schrei­ben, wenn die weib­li­che Per­son trotz­dem nicht gleich­be­rech­tigt ist wie zum Bei­spiel bei der Bezah­lung ihrer Arbeit oder bei der Beset­zung von Pos­ten auf der Führungsebene. 

IGEL: Gen­der­ge­rech­te Spra­che oder sagen wir mal geschlechts­neu­tra­le Spra­che, in Han­no­ver ist sie jetzt seit weni­gen Wochen die offi­zi­el­le Amts­spra­che. Ande­re Städ­te wer­den nach­zie­hen. Auch an eini­gen Unis wird jetzt gegen­dert. Ist das eine ganz nor­ma­le Ent­wick­lung der deut­schen Spra­che oder droht hier ein Stück­weit auch der Ver­lust unse­rer sprach­li­chen Iden­ti­tät?

Herr Schil­ling: Spra­che wird immer durch die Nut­zung der Men­schen wei­ter­ent­wi­ckelt. Bei­spiel ist die Jugend­spra­che, sie ver­än­dert sehr stark auch die Regel- oder Stan­dard­spra­che. Von daher ist immer die Fra­ge, was gera­de „Stan­dard­spra­che“ ist. Dies ist aller­dings sozu­sa­gen eine „unbe­wuss­te“ Sprach­ent­wick­lung, weil sie sich unvor­her­seh­bar  ver­än­dert. Die gen­der­ge­rech­te Schrift­spra­che hin­ge­gen ist „künst­lich“, als Aus­druck demo­kra­ti­schen Han­delns den Nut­zern sozu­sa­gen „auf­ge­tra­gen“. Ich den­ke bei­des ist legi­tim. Im Sin­ne der Wei­ter­ent­wick­lung des Men­schen soll­te die­ser ja sei­nen Ver­stand gebrau­chen, sonst wäre die Evo­lu­ti­on rück­wärts gerich­tet. Von daher ist die bewuss­te Sprach­nut­zung und ‑ver­än­de­rung mei­nes Erach­tens sinn­voll. Die gen­der­ge­rech­te Schrift­spra­che ist ja auch nicht neu und wird bereits täg­lich ver­wen­det. Es wird sich zei­gen, wel­che der Ände­run­gen ange­nom­men wer­den. Die bewuss­te Aus­ein­an­der­set­zung mit dem The­ma im IGEL bei­spiels­wei­se ist sehr löb­lich, da genau dies die Dis­kus­si­on anheizt und somit das Bewusst­sein der inter­es­sier­ten Leser geschärft wird.

Frau Genc: Ich den­ke, dass das eine ganz nor­ma­le Ent­wick­lung von Spra­che über­all auf der Welt ist. Auch die Gegen­warts­spra­che, die wir heu­te in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land  benut­zen, hat sich ja über Jahr­hun­der­te ent­wi­ckelt. Angli­zis­men, die wir tag­täg­lich ver­wen­den, erschei­nen uns heu­te als völ­lig nor­mal und kei­ner regt sich mehr dar­über auf. Da sind nun die Sprach­wis­sen­schaft­ler gefragt, wie man die gen­der­ge­rech­te Spra­che am bes­ten ins Deut­sche integriert.

IGEL: Gibt es denn irgend­ei­nen Mit­tel­weg oder sind die Fron­ten da sozu­sa­gen total ver­här­tet?

Herr Schil­ling: Unter­schied­li­che Sicht­wei­sen sind in sol­chen grund­sätz­li­chen Fra­gen üblich, von daher sehe ich das nicht als Pro­blem an. Gleich­be­rech­ti­gung soll­te aber gelebt wer­den, ein „über­stül­pen“ zwangs­wei­se  macht kei­nen Sinn. Daher ist Kom­mu­ni­ka­ti­on hier, wie auch sonst in vie­len Fäl­len der Schlüs­sel zur Lösung.

Frau Genc: Am Anfang sind die Fron­ten natür­lich immer ver­här­tet, da jeder eine bestimm­te Mei­nung dazu hat. Ich den­ke, dass es Zeit braucht und man nichts mit Gewalt durch­set­zen kann und sollte. 

Uns im IGEL stört das Ver­weib­li­chen der Nomen gar nicht so sehr, wenn man jedoch dann immer den weib­li­chen Arti­kel vor­schiebt und die adjek­ti­vi­schen Attri­bu­te ent­spre­chend femi­ni­siert, emp­fin­den wir älte­ren Redakteur*innen im IGEL das als Gewalt an der deut­schen Spra­che bzw. künst­li­che Ver­än­de­rung unse­rer Mut­ter­spra­che, die ja eigent­lich gewach­sen ist und nicht per Ver­ord­nung gere­gelt wer­den soll­te. Wie seht Ihr das?

Text: Ale­xia Preis, 10b und IGEL Redak­ti­on
Zeich­nung: Chris Bachels, 6a

4 Antworten auf „IGEL – IGELin – IGEL*in? Der IGEL gendert mit.“

  1. Spra­che hat Macht. Von daher ist gen­dern rich­tig und wich­tig. Und wenn uns das schon zu schwie­rig oder umständ­lich ist, dann müs­sen wir uns selbst fra­gen, wie unfle­xi­bel wir sind.

  2. Kom­plett schwach­sin­nig, dass auf sol­chen Pupes in der schriftl. Spra­che geach­tet wird/werden soll, wo es doch viel wich­ti­ge­re Din­ge zu beach­ten gibt. Mich nervt das Getue um das Gen­dern total! Aber ich fin­de es trotz­dem gut, dass der Igel auch sol­che The­men auf­greift. Sehr professionell!

  3. Gleich­be­rech­ti­gung zu errei­chen durch ein Stern­chen im Wort? Gleich­be­rech­ti­gung fängt in den Köp­fen der Men­schen an. Ob da ein Stern­chen hilft, Vor­ur­tei­le abzu­bau­en, wage ich zu bezweifeln.
    Aber wie sieht es denn aus mit einer Toi­let­te für das drit­te Geschlecht an der KLR? Kon­se­quen­ter­wei­se dann auch für Leh­rer und Schü­ler, wenn man den Gen­der­quatsch wirk­lich Ernst neh­men will…

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