Am Mittwoch, den 09.02. fand die Neueröffnung unserer Bücherei statt. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler kamen vorbei, um das Angebot an Kinder- und Jugendliteratur zu durchforsten.
Wir, die Bücher-AG, möchten uns bei allen bisherigen und künftigen Buchspenden bedanken. Diese können gerne bei Frau Broy, Schulsozialarbeit, abgegeben werden.
Öffnungszeiten: Mittwoch, 1.Pause und Freitag, 2.Pause
Text und Fotos: Carolin Broy
Zur Eröffnung der neuen Schulbücherei stelle ich die folgenden fünf provokativen Fragen:
1. Erscheint die Eröffnung einer Schulbücherei mit physisch realen Büchern im Zeitalter der Digitalisierung nicht antiquiert und völlig aus der Zeit gefallen, wo doch digitale Bibliotheken weltweit und jederzeit einen unbeschränkten Zugriff auf die gesamte Weltliteratur anbieten?
2. Wie passt eine klassische Schulbücherei mit realen Büchern, die sortiert, inventarisiert, abgestaubt, ausgeliehen, in einer bestimmten Zeit gelesen und wieder zurückgebracht werden müssen, überhaupt noch in das Bild einer modernen durchdigitalisierten Schule, in der alle Schüler und Lehrer mit digitalen Endgeräten arbeiten, lernen, kommunizieren, präsentieren und interagieren sollen?
3. Sind die Kinder und Jugendlichen auf ihrem Weg zur Schule nicht schon genug mit Schulbüchern und anderen Arbeitsmaterialien belastet, so dass sie auf zusätzliche Bücher aus der Schulbücherei gut verzichten können?
4. Ist das Lesen und Erfassen von längeren zusammenhängenden Texten in Buchform zur Informationsbeschaffung vor dem Hintergrund der Omnipräsenz von Dr. Google überhaupt noch nötig und effizient?
5. Fördert der Aufbau einer neuen Schulbücherei in Zeiten des Klimawandels und der knappen Ressourcen nicht die Abholzung von Wäldern und damit auch den CO2-Ausstoß zur Papierherstellung?
Der österreichische Philosoph Konrad Paul Liessmann hält in seinem Buch „Geisterstunde: Die Praxis der Unbildung“ auf Seite 144/145 dem entgegen:
(Zitat) „Ein Buch ist ein in sich geschlossenes Ganzes, unabhängig von jeder Technologie, unabhängig von Elektrizität, unabhängig von jedweder Software-Umgebung. Ein Buch, bis in die Details seiner graphischen Gestaltung und des Schriftsatzes, ist tatsächlich die „perfekte Lesemaschine“, die zudem den Vorteil hat, dass seine Gestalt und damit auch sein Inhalt autonom und invariant sind: „Das Buch ist einfach da, wirklich. Nicht so die Datei.“
Bücher, es ist oft genug gesagt worden, können zu Begleitern, zu Freunden, auch zu Feinden werden. Sie sind ungelesen oder zerlesen, mit Unterstreichungen oder despektierlichen Randbemerkungen versehen. (…)
Bücher, die man über die Jahre hindurch ansammelt, stellen deshalb auch mehr als eine höchst lückenhafte Datenbank dar: Sie sind Ausdruck einer intellektuellen Biographie und der dazugehörigen Zeitgeister. (…)
Solches Wissen, solche Erfahrungen, solche Erinnerungen wird keine digitale Bibliothek der Welt bieten können. Zumindest diese Erfahrungen verlieren sich allmählich im Umgang mit digitalisierten Texten.“
Der amerikanische Schriftsteller Ray Bradbury prophezeit in seinem Science-Fiction-Roman „Fahrenheit 451“ aus dem Jahr 1953 eine Welt ohne Bücher. In Bradburys Welt sind Bücher verboten, weil Bücher die Menschen zum Denken anregen. Der denkende Mensch entspricht aber nicht dem Menschenbild der Zukunft.
Bei einer Temperatur von 451 Grad Fahrenheit bzw. 232 Grad Celcius verbrennt Papier.
Der Hauptdarsteller des Romans Guy Montag hat die Aufgabe als Feuerwehrmann Bücher zu verbrennen, weil in Guy Montags Welt der Besitz von Büchern streng verboten ist.
Sehr bemerkenswert finde ich die Prophezeiungen des Autors zu Beginn der 1950er Jahre zum Thema Schule und Bildung der Zukunft.
In einem Gespräch äußert sich Guy Montags Vorgesetzter, Feuerwehrhauptmann Beatty, hierzu mit folgenden Worten:
(Zitat)
„Weniger Schule, der Lernzwang gelockert, keine Philosophie mehr, keine Geschichte, keine Sprachen. Der muttersprachliche Unterricht vernachlässigt, schließlich fast ganz aufgehoben. Das Leben drängt, die Berufsarbeit geht vor, an Vergnügungen nachher ist kein Mangel. Wozu etwas lernen, wenn es genügt auf den Knopf zu drücken, Schalter zu betätigen, Schrauben anzuziehen.“ (…)
„Du erinnerst dich doch sicher an einen Mitschüler, der besonders „hell“ war und die meisten Antworten gab, während die andern wie Ölgötzen dasaßen und nur darauf warteten, es dem hellen Kopf heimzuzahlen? War er nicht dazu ausersehen, nach der Schule drangsaliert zu werden? Klar, versteht sich. Wir müssen alle gleich sein. Nicht frei und gleich geboren, wie es in der Verfassung heißt, sondern gleich gemacht. Jeder ein Abklatsch des andern, dann sind alle glücklich, dann gibt es nichts Überragendes mehr, vor dem man den Kopf einziehen müßte, nichts, was einen Maßstab abgäbe. Also! Ein Buch im Haus nebenan ist wie ein scharfgeladenes Gewehr. Man vernichte es. Man entlade die Waffe. Man reiße den Geist ab. Wer weiß, wen sich der Belesene als Zielscheibe aussuchen könnte!“ (Zitat Ende)
Insofern kann man die Eröffnung der Schulbücherei nur gutheißen und unterstützen.