Jule Gotthard stellt sich vor

Hal­lo, ich bin Jule Gott­hard und mitt­ler­wei­le schon über vier Mona­te alt. Mei­ne Mama ist Leh­re­rin an eurer Schu­le und ich war schon zwei­mal dort. Beim ers­ten Mal sind mir alle mög­li­chen Wesen, von Glücks­bär­chis über Pira­ten bis hin zu Cow­boys begeg­net. Beim zwei­ten Mal befan­den sich hin­ter jeder Tür, die mei­ne Mama öff­ne­te, eine Men­ge Kin­der in einem Raum. Daher kom­me ich zu dem Schluss, dass so eine Schu­le ein sehr selt­sa­mer Ort ist!

Für die vie­len Glück­wün­sche und Geschen­ke zu mei­ner Geburt möch­te ich mich ganz herz­lich bedan­ken und nun ein­mal aus mei­nem bis­he­ri­gen Leben berichten.

Ihr denkt bestimmt, als Baby hät­te ich es ein­fach: den lie­ben lan­gen Tag nur essen und schla­fen… von wegen!

Aber ich begin­ne am bes­ten von Anfang an. In Mamas Bauch genoss ich ein pures Luxus­le­ben mit all inclu­si­ve Ver­pfle­gung. Ich muss­te mich für nichts anstren­gen, denn über die Nabel­schnur erhielt ich alles, was ich brauch­te. Schla­fen und tur­nen konn­te ich, wann immer ich Lust dazu hat­te.  Es war ange­nehm dun­kel und warm um mich herum.

Doch irgend­wann wur­de mir das zu lang­wei­lig und vor allem zu eng. Außer­halb des Bau­ches hör­te ich vie­le Stim­men und Geräu­sche, die mich außer­dem neu­gie­rig mach­ten. Also beschloss ich am 21. Janu­ar schon ganz früh in der Nacht, mei­ne Mama zu wecken. Doch bis ich auf die Welt kam, dau­er­te es noch vie­le Stun­den… Das hat­te ich mir irgend­wie leich­ter vor­ge­stellt, denn es  war ganz schön anstren­gend. Nach viel har­ter Arbeit erblick­te ich end­lich um 21.44 Uhr das Licht der Welt! Aber was hat­te ich mir dabei bloß gedacht?! Das war näm­lich über­haupt nicht schön für mich! Bes­ser gesagt: Es war ein rich­ti­ger Schock! Stellt euch vor, euch wird ein­fach so der Boden unter den Füßen weg­ge­ris­sen! Grel­les Licht blen­de­te mei­ne Augen, es war plötz­lich eis­kalt und über­all frem­de Stim­men und Gerü­che. Eine Frau leg­te mich auf ein selt­sa­mes Ding, um mich zu wie­gen. Mein Kopf und mein Kör­per wur­den mit einem Band gemes­sen und ich bekam so ein komi­sches Teil um den Po gewi­ckelt. Das war zu viel für mich. Ich woll­te am liebs­ten wie­der zurück in Mamas Bauch! Erst als ich in ihren und Papas Armen lag und ihre ver­trau­ten Stim­men hör­te, war ich beru­higt. Man­no­man, war das eine Auf­re­gung! Alles war neu und von nun an muss­te ich alles selbst über­neh­men: atmen, trin­ken, schlu­cken, schrei­en, die Win­del voll machen, ein­fach alles! Ihr wisst ja gar nicht wie anstren­gend das war und noch immer ist!

Die ers­ten Tage war ich so erschöpft, dass ich die meis­te Zeit schlief. Wenn es drau­ßen dun­kel war, wur­de ich oft wach. Ich fra­ge mich immer noch, war­um Mama oft so müde aus­sah, vor sich hin maul­te und sogar manch­mal wäh­rend ich trank, ein­fach ein­schlief?! Sie konn­te sich doch freu­en, dass ich wach war!

Die Erwach­se­nen sind sowie­so oft schwer zu ver­ste­hen. Wenn sie ihre gro­ßen Köp­fe zu mir in den Kin­der­wa­gen ste­cken, geben sie häu­fig so komi­sche Lau­te von sich, ver­zie­hen ihr Gesicht zu Gri­mas­sen, zie­hen an mei­nen Hän­den und Füßen her­um und krab­beln mir ein­fach am Bauch her­um. Was den­ken sie sich bloß dabei?! Sie wol­len doch sicher auch ihre Privatsphäre!

Am Anfang habe ich das gar nicht so wahr­neh­men kön­nen, denn ich konn­te weder gut hören noch weit oder bunt sehen. Aber jetzt geht das schon viel bes­ser. Jeden Tag ent­de­cke ich neue tol­le Din­ge und kann ande­re Geräu­sche von mir geben. Mei­ne Kuschel­tie­re und Spiel­sa­chen ken­ne ich bald in- und aus­wen­dig. Mit den Hän­den ver­su­che ich sie zu grei­fen und dann ste­cke ich sie in Mund, denn mit der Zun­ge kann ich alles viel bes­ser ertas­ten und schme­cken. Am liebs­ten lie­ge ich auf mei­ner Spiel­de­cke, brabb­le vor mich hin und stramp­le mit den Bei­nen. Aber auch eine Fahrt mit dem Auto oder dem Kin­der­wa­gen gefällt mir sehr gut. Ein­mal in der Woche darf ich im Was­ser plant­schen, „baden“ nen­nen die Erwach­se­nen das. Das ist ein Spaß!

Doch alle paar Mona­te fährt Mama mit mir zu einem frem­den Mann, der mich ganz genau anschaut, an mir her­um drückt und mit einem kal­ten Ding abhört. Und als wenn das noch nicht genug wäre, piekt er mich ein­mal in bei­de Ober­schen­kel. Auaaaa! Das tut weh!!!!! Was bin ich dann  froh, wenn wir danach wie­der zuhau­se sind!

Am Sonn­tag gab es zum ers­ten Mal etwas ande­res zu essen als nur Milch. Ich kann mir noch gar nicht vor­stel­len, wie ich von so einem oran­ge­nen Brei satt wer­den soll, denn es lan­det mehr in mei­nem Gesicht als im Mund, aber es schmeckt gar nicht mal schlecht. Ob es ab jetzt öfter etwas ande­res geben wird?

So Leu­te, nun habe ich habe genug von mir erzählt und muss mich von euch ver­ab­schie­den, denn ich habe wie­der Hun­ger und die Win­del voll!

Bis bald

Eure Jule

Text und Bil­der: Maria Gotthard

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