Der nachfolgende Artikel enstammt der IGEL-Ausgabe von 2015. Er ist unserer Meinung nach wie vor brandaktuell, daher stellen wir den Text von Marie-Luise Zirbes und Antonia Post hier auch nochmal online ein.
Wortherkunft „Kanak„
Entlehnt ist das Wort dem hawaiischen „kanaka”, was „Mensch„bedeutet.
Kanake als Schimpfwort
Ganz früher bedeutete es im deutschen Sprachgebrauch etwa „fleißiger Arbeiter aus Süd-Asien”. Als Gastarbeiter in den 70er Jahren aus Italien, Griechenland, Spanien oder Türkei angeworben wurde, um dem deutschen Wirtschaftswunder auf die Sprünge zu helfen, zielte der Ausdruck oft gegen diese Menschen. Heute ist Kanake meist abfällig gemeint und bezeichnet einen Menschen arabischer, persicher, türkischer, kurdischer oder süd- und südosteuropäischer Abstammung.
Kanake als Selbstbezeichnung
Der Begriff wird in Deutschland seit den 1990er Jahren zunehmend auch als bewusste Selbstbezeichnung meist von jugendlichen Migranten verwendet. Hierdurch wird das Schimpfwort umgewertet, indem es durch die Selbstbezeichnung seinen herabwürdigenden Charakter verliert und zum Ausdruck einer eigenen, positiv verstandenen Identität werden soll.
Kanak Sprak
Im deutschen Rap wird „Kanak Sprak” von Rappern mit Migrationshintergrund oft benutzt, um mit Stolz auf die eigenen ethnischen Wurzeln hinzuweisen. In all unseren IGEL-Berichten über unsere Sprachklasse an der KLR+ möchten wir Euch nahebringen, was die auch von manchen von Euch sogenannten „Kanaken” überhaupt dazu bringt, in andere Ländern zu kommen, um dort ein neues Leben anzufangen.
Die Klischees sind klar! - Ausländer sind aggressiv, klauen und nehmen uns die Arbeit im Land weg. Doch warum kommen Sie eigentlich zu uns? Viele der Ausländer versuchen, sich ein neues Leben in anderen Ländern aufzubauen, da sie aus Ihrem Heimatland fliehen mussten, weil sie von Krieg bedroht oder unmittelbar betroffen sind. Sie hoffen, dass Sie bei uns friedlich leben können, ohne vor irgend etwas Angst haben zu müssen. Viele Asylbewerber kommen aus Krisenländern traumatisiert zu uns und benötigen therapeutische Hilfe. Nicht wenige wurden wegen ihrer Volks- oder Religionszugehörigkeit in Ihrem Heimatland diskriminert.
Es gibt auch Ausländer, die nach Deutschland kommen, um zu studieren oder weil Sie für einen Beruf qualifiziert sind, in dem bei uns Facharbeitermangel herrscht. Manche von uns vergessen, dass Menschen aus anderen Ländern unsere Gesellschaft kulturell bereichern können. Ohne „unsere Ausländer” könnte die Bundesliga „dichtmachen” und ebenso hätten wir nicht den Weltmeistertitel erlangt. Uns muss klar werden, dass auch wir in allen anderen Ländern der Welt Ausländer sind.
Für ein gemeinsames Miteinander in unserem Land müssen jedoch Integrationsprobleme überwunden werden. Dabei ist zuallererst die Sprachbarriere zu nennen. Die KLR+ versucht, Ihren Beitrag hier zu leisten, indem z. B. Schüler, die die deutsche Sprache noch nicht beherrschen, in mehreren Stunden pro Woche am „Deutsch als Fremdsprache-Kurs” bei unserer DaZ-Lehrerin Frau Dressler teilnehmen und sonst im regulären Unterricht integriert sind. Darüber erfahrt Ihr mehr in unseren Artikeln über die DaZ-Klasse.
Marie-Luise Zirbes und Antonia Post, 2015 in der Klasse 10c
Ein Aufbruch ins Ungewisse beschreibt tansaniche Schriftsteller,
Nobelpreisträger Abdulrazak Gurnah:
„ …in einem Pub hatte man ihm mitgeteilt,
dass es Spagetti, die auf der Speisekarte standen, nicht mehr
gab. Und gleichzeitig hat er gesehen, wie heiße, dampfende Teller
mit eben diesem Gericht über den Tresen gingen.
… Zumindest waren hier die Bürgersteige gepflastert und sauber
und nachts streuten auch keine Aas fressenden Hunde durch die Straßen. Und wenn er nach Hause kam und die Dusche anstellte,
würde Wasser aus der Brause sprenkeln. Anstelle von Staub
und verrosteten Schrauben würde ebenfalls nichts zu hören sein.
Sein Licht würde funktionieren, die Spülung seiner Toilette ebenfalls und in den Geschäften gab es immer ausreichend
Zwiebeln”.
Das Fortgehen aus der vertrauten Umgebung war unsere Reaktion auf die Problematik, wie Kriege, Vertreibung oder wirtschaftliche Not.
Vielleicht findet es das Land der Dichter und Denker enttäuschend, dass wir ausgerechnet sein Brot über alles schätzen.