Jahrhunderthochwasser in Deutschland – Vorsorgemaßnahmen für den Katastrophenfall

Wisst ihr noch? Heu­te vor einem Jahr? Unse­re Kai­ser-Lothar-Real­schu­le plus Prüm hat­te  geschlos­sen – schul­frei. Eigent­lich ein Grund zur Freu­de. Aber heu­te vor einem Jahr nicht. Hoch­was­ser! Mit­te Juli kam es in Tei­len Deutsch­lands zu extre­men Unwet­tern. Am schlimms­ten waren Rhein­land-Pfalz und Nord­rhein-West­fa­len betrof­fen. Am 14. Juli und in der Nacht auf den 15. Juli fiel in Tei­len der bei­den Bun­des­län­der inner­halb von 24 Stun­den 100 bis 150 Liter Regen pro Qua­drat­me­ter. In der Fol­ge des Stark­re­gens kam es in den betrof­fe­nen Regio­nen zu Sturz­flu­ten und mas­si­ven Über­schwem­mun­gen, die zu Toten und enor­men Schä­den führten.

In Prüm selbst trie­ben am Abend des 14.7.21 Cam­ping­wa­gen durch die Innen­stadt, ris­sen Brü­cken, Bäu­me mit sich, der angren­zen­de Ten­nis­platz und das Schwimm­bad sind nicht mehr wie­der­zu­er­ken­nen, Wohn­häu­ser und Geschäf­te wur­den über­flu­tet, Exis­ten­zen zerstört.

Scho­ckie­rend: Die Fol­gen des Hoch­was­ser beim Prü­mer Cam­ping­platz (Foto: privat).

Auch das Haus der Jugend (HdJ) in Prüm war nach dem Hoch­was­ser nicht mehr nutz­bar, hat aber end­lich einen vor­über­ge­hen­den Ersatz­stand­ort gefunden:

Das HdJ Prüm nach Hoch­was­ser­ka­ta­stro­phe an neu­em Standort

Rück­blick: Auch im Jahr 1993 gab es bereits eine Hoch­was­ser­ka­ta­stro­phe in Deutsch­land. Anläss­lich des Jah­res­tags der Flut­ka­ta­stro­phe sind mir die ange­häng­ten Fotos vom soge­nann­ten Weih­nachts­hoch­was­ser 1993 aus mei­ner Hei­mat­stadt Koblenz in die Hän­de gefallen.

Alle Fotos habe ich selbst von der Lade­flä­che eines Bun­des­wehr-MAN 5‑Tonners (auf eini­gen Fotos zu sehen) auf­ge­nom­men, der mit einer Höhe von fast 3 Metern pro­blem­los durch die über­flu­te­ten Stra­ßen mei­ner Hei­mat­stadt fah­ren konnte.

Am 23.12.1993 lag der Rhein­pe­gel in Koblenz bei der Rekord­hö­he von 9,49m. Zum Ver­gleich: Aktu­ell liegt der Rhein­pe­gel bei knapp unter einem Meter. Die Gesamt­schä­den des Rhein­hoch­was­sers 1993 wur­den laut Wiki­pe­dia auf 400–500 Mil­lio­nen Euro geschätzt. Im Ver­gleich zur Scha­dens­hö­he der Flut­ka­ta­stro­phe im Ahrtal in Höhe von ca. 29 Mil­li­ar­den Euro eine gera­de­zu über­schau­ba­re Summe.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen, Fotos und Vor­sor­ge­maß­nah­men für den Kata­stro­phen­fall erfahrt ihr hier:

Eine Koblen­zer Faust­re­gel besagt, dass im Durch­schnitt alle 10 Jah­re ein Hoch­was­ser ähn­li­cher Dimen­si­on am Zusam­men­fluss von Rhein und Mosel in der Nähe des Deut­schen Ecks auf­tritt. Aus die­sem Grund waren und sind die Koblen­zer auf sol­che Situa­tio­nen ent­spre­chend vor­be­rei­tet. Als Kind und Jugend­li­cher hat­te das sicher­lich nicht unge­fähr­li­che Kajak­fah­ren durch die über­flu­te­ten Stra­ßen des Stadt­teils Neu­en­dorf einen nicht zu top­pen­den Event­cha­rak­ter. Ich kann mich noch dar­an erin­nern, dass ich als Zwölf­jäh­ri­ger mit zwei Freun­den in einer alten Bade­wan­ne mit zuge­stopf­tem Abfluss durch die über­schwemm­ten Schre­ber­gär­ten gegen­über des Deut­schen Ecks geschip­pert bin Mein jün­ge­rer Bru­der kam wäh­rend eines Mosel­hoch­was­sers zu Beginn der 80er Jah­re auf die wag­hal­si­ge Idee, mit sei­nem Kajak auf dem über­flu­te­ten Rhein-Mosel-Cam­ping­platz zwi­schen den eng ste­hen­den den Pla­ta­nen Sla­lom zu fah­ren. Für die­sen Fall hat­ten wir im Vor­feld in der Gegen­strom­an­la­ge des Pri­vat­schwimm­bads mei­nes Freun­des aus­gie­big das Aus­stei­gen aus dem umge­kipp­ten Kajak und sogar die berühm­te Eski­mo­rol­le trainiert.

Auf­grund der extrem star­ken Strö­mung zwi­schen den Bäu­men ken­ter­te mein Bru­der bereits nach kur­zer Zeit mit sei­nem Kajak und lös­te in der Fol­ge einen Ret­tungs­ein­satz der Koblen­zer Feu­er­wehr aus. Bevor die Feu­er­wehr aller­dings mit einem Schnell­boot an Ort und Stel­le ein­traf, hat­te er sich selbst schon ans ret­ten­de Ufer gekämpft. Mei­ne Eltern beka­men aber trotz­dem nach weni­gen Tagen die Rech­nung die­ses Feu­er­wehr­ein­sat­zes in Höhe von 3000,- DM präsentiert.

Es war also eine Men­ge los im Koblen­zer Hoch­was­ser des letz­ten Jahrhunderts.

In mei­nem Hei­mat­vor­ort wur­de zu die­ser Zeit in über­flu­te­ten Knei­pen den Gäs­ten in Ang­ler­ho­sen sogar noch Bier ausgeschenkt.

Des­halb kann man die Ahrtal­flut 2021 nicht mit einem Rhein-Mosel-Hoch­was­ser vergleichen.

Ein Hoch­was­ser steht bevor: Wenn ein Hoch­was­ser ange­kün­digt wur­de, das auch Sie betrifft, soll­ten Sie handeln:

  • Besor­gen Sie zum Schutz Sand­sä­cke, Schal­bret­ter, was­ser­fes­te Sperr­holz­plat­ten und Silikon.
  • Schau­en Sie, dass gefähr­li­che Stof­fe oder Che­mi­ka­li­en nicht vom Was­ser erreicht wer­den können.
  • Brin­gen Sie wert­vol­le Möbel oder Gerä­te wie Com­pu­ter etc. in die obe­ren, hoch­was­ser­ge­schütz­ten Räume.
  • Sichern Sie den Heiz­öl­tank gegen den Auf­trieb durch das Was­ser, indem Sie ihn zum Bei­spiel an der Wand ver­an­kern oder mit Bal­last beschweren.
  • Über­prü­fen Sie Ihre Vor­sor­ge­maß­nah­men. Haben Sie alles nöti­ge im Haus?

aus­rei­chend Lebens­mit­tel und Trinkwasser

ein bat­te­rie­be­trie­be­nes Radio oder ein Kurbelradio

eine Taschen­lam­pe

einen Cam­ping­ko­cher

eine Cam­ping­toi­let­te

  • Hal­ten Sie Ihre Doku­men­ten­map­pe und Ihr Not­ge­päck bereit.
  • Den­ken Sie auch an Insek­ten­schutz­mit­tel, falls sich nach Rück­gang des Hoch­was­sers Mücken und ande­re Schäd­lin­ge im Haus verbreiten.
  • Räu­men Sie die Kel­ler­räu­me, in die Grund­was­ser ein­drin­gen kann oder die voll­lau­fen kön­nen, aus.

Das Hoch­was­ser naht! Was nun? Bewah­ren Sie die Ruhe und han­deln Sie beson­nen. Je nach­dem, wo Sie sich gera­de auf­hal­ten, soll­ten Sie die fol­gen­den Punk­te beachten:

Im Haus

  • Prü­fen Sie zunächst, ob Ihre Vor­sor­ge­maß­nah­men ausreichen.
  • Über­prü­fen Sie Rück­stau­klap­pen im Kel­ler bevor das Was­ser gestie­gen ist. Hal­ten Sie sich wäh­rend des Hoch­was­sers nicht im Kel­ler auf, das ist lebensgefährlich.
  • Dich­ten Sie Fens­ter und Türen sowie Abfluss­öff­nun­gen ab.
  • Schal­ten Sie elek­tri­sche Gerä­te und Hei­zun­gen in Räu­men, die voll­lau­fen kön­nen, ab. Den­ken Sie an die Strom­schlag­ge­fahr. Schal­ten Sie den Strom gege­be­nen­falls kom­plett aus (Siche­rung raus).

Im Auto

  • Fah­ren Sie Ihr Auto recht­zei­tig aus gefähr­de­ten Gara­gen oder von Park­plät­zen. Ach­tung! Tief­ga­ra­gen kön­nen bei Hoch­was­ser­ge­fahr zu töd­li­chen Fal­len werden.
  • Fah­ren Sie nicht durch über­flu­te­te Stra­ßen. Was­ser im Motor­raum macht viel kaputt. Der Kata­ly­sa­tor mit einer Betriebs­tem­pe­ra­tur von 700 Grad Cel­si­us zer­springt bei plötz­li­cher Abküh­lung durch Wasser.
  • Las­sen Sie Ihr Fahr­zeug abschlep­pen, wenn es bis über die Räder im Was­ser steht.

Ret­ten Sie Leben

  • Hel­fen Sie ande­ren, aber brin­gen Sie sich nicht selbst in Gefahr.
  • Brin­gen Sie Kin­der vor Ein­tritt der Gefahr aus dem Über­schwem­mungs­ge­biet in Sicherheit.
  • Fah­ren Sie wegen der Wel­len­bil­dung und der Gefahr von Unter­was­ser­hin­der­nis­sen nicht in über­flu­ten­den Gebie­ten mit Boo­ten oder ande­ren Fahr­zeu­gen unnö­ti­ger­wei­se „spa­zie­ren“.
  • Betre­ten Sie kei­ne Ufer­be­rei­che wegen der Gefahr von Unter­spü­lun­gen oder Abbrü­chen. Über­flu­te­te oder teil­über­flu­te­te Stra­ßen dür­fen nicht befah­ren werden.
  • Beach­ten Sie die Anwei­sun­gen und Absper­run­gen der Einsatzkräfte.

Schrit­te nach dem Wei­chen des Hochwassers

  • Begin­nen Sie mit den Abpump­ar­bei­ten im Haus erst, wenn Sie sicher sind, dass der Grund­was­ser­spie­gel aus­rei­chend gesun­ken ist. Vor­sicht, Sie beschä­di­gen ansons­ten die Boden­wan­ne des Hau­ses. Bit­te ach­ten Sie auf Infor­ma­tio­nen der Gemeinde.
  • Machen Sie eine Bestands­auf­nah­me und foto­gra­fie­ren Sie die Schä­den für die Versicherung.
  • Räu­men Sie Was­ser­res­te und Schlamm aus dem Haus.
  • Trock­nen Sie die Räu­me so schnell es geht, um Bau­schä­den oder Schim­mel zu ver­mei­den. Nut­zen Sie Heiz­ge­rä­te für das Trock­nen. Sie kön­nen gemie­tet oder aus­ge­lie­hen werden.
  • Las­sen Sie die Elek­trik, Heiz­öl­tanks und in beson­de­ren Fäl­len die Bau­sta­tik vom Fach­leu­ten überprüfen.
  • Wenn Schad­stof­fe wie Far­ben, Lacke, Pflan­zen­schutz­mit­tel, Ben­zin, Öl etc. frei­ge­setzt wur­den, rufen Sie die Feuerwehr.
  • Schmut­zi­ge, kaput­te Möbel und ver­dor­be­ne Lebens­mit­tel gehö­ren nicht ein­fach in den Haus­müll, son­dern müs­sen fach­ge­recht ent­sorgt werden.
  • Essen Sie kein Obst, Gemü­se und Salat aus über­schwemm­ten Gebie­ten. Ver­stän­di­gen Sie bei mit Schad­stof­fen (zum Bei­spiel Öl) ver­un­rei­nig­ten Gär­ten oder Fel­dern das Land­rats­amt oder das Amt für Landwirtschaft.

Text und Fotos: IGEL-Redaktion

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