Unser IGEL-Tag bei der Bundeswehr am 17.01.2018
Am 17.01.2018 waren wir auf Einladung der Nachwuchsgewinnung zu einem Informationstag im Informationstechnikbataillon 281 (ITBtl 281) der Bundeswehr in der Eifel-Kaserne „auf windiger Höhe“ in Lissingen bei Gerolstein eingeladen. Ich habe den Ablauf des Tages für Euch grob vorab zusammengefasst, bevor die anderen IGELaner ausführlicher über die einzelnen Stationen berichten werden.
Um 8:00 Uhr wurden wir mit Bundeswehrfahrzeugen abgeholt, wovon eines ein Gelände-Jeep namens „Wolf“ war, was nicht nur cool, sondern auch ganz praktisch war, denn auf der Straße nach Gerolstein lag dick Eis und ein paar LKWs hingen auf der Höhe von Büdesheim bereits im Graben. Daher kamen wir auch erst um 8:30 Uhr an.
Unsere „Bundeswehr-Tour” war wie folgt geplant: Zunächst gingen wir zur Bodenstation, dort standen überall Computer und große Monitore.
Draußen schauten wir uns riesige Satellitenempfänger an und machten ein Gruppenfoto:
Danach ging es zum Oberstabsfeldwebel Dimmer. Herr Dimmer zeigte uns sein Büro und erklärte die Tätigkeiten als „Spieß“. Nach dem Büro ging es runter in den Keller des Gebäudes, in dem sich noch ein Bunker aus dem Kalten Krieg befindet. Herr Dimmer erzählte, dass die größte Fläche des Bunkers bereits geflutet ist und irgendwann zubetoniert werden soll, drei Räume aber noch begehbar sind. Diese schauten wir uns dann auch an, Herr Dimmer erzählte, dass er in seiner ersten Zeit in Gerolstein dort unten während einer Übung drei Tage verbrachte. Es gab einen Flucht-Schacht zu sehen, durch den die Soldaten im Ernstfall flüchten konnten. Ein Höhepunkt für mich war dann die Besichtigung der Waffenkammer. Jeder Soldat hat seine eigene Waffe, meistens ein G36.
Danach durften wir eine „Stube” anschauen. Als Stube wird der Wohn- und Schlafraum für Soldaten in einer Kaserne bezeichnet.
Im Anschluss wurden uns die legendären EPas (Einmannpackungen), das Essen für Soldaten in Einsätzen für einen Tag demonstriert. Wir durften von allem probieren. Das Getränkepulver war sehr lecker, unser Favorit waren jedoch die Panzerkekse.
Oberstabsfeldwebel Dimmer nahm sich während unseres gesamten Besuchs richtig viel Zeit für das Beantworten unserer Fragen.
Ganz am Ende des Vormittags, der viel zu schnell vorbei war, gingen wir zu Hauptfeldwebel Brockhoff, der die Familienbetreuung in Gerolstein leitet, dort erzählte er uns aktuelle Informationen über die Betreuungs- und Versorgungsmöglichkeiten der Familien während ein Soldat im Einsatz ist. Weiter erfuhren wir einiges über Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten bei der Bundeswehr. Für ein ein- bis zweiwöchiges Praktikum während der Schulzeit sollte man sich frühzeitig bewerben, da die Plätze sehr begehrt sind! Soweit der Kurzüberblick unseres Ausflugs nach Lissingen; in den folgenden Beiträgen schreiben die „IGEL-Kameraden“ ausführlich über die einzelnen Stationen des Vormittages. Vielen Dank an den Hauptgefreiten Maximilian Stein von der Nachwuchsgewinnung und Oberstabsfeldwebel Werner Dimmer sowie alle seine Mitarbeiter, die sich die Zeit für uns und unsere Fragen genommen haben!
Armin Lepage, 6c
Die Bodenstation in Gerolstein
Der erste Programmpunkt unserer Besichtigung war die Bodenstation. Auf der Bodenstation in Gerolstein arbeiten 16 Soldaten im 4x4-Mann-Schichtsystem, dazu kommen ein Schichtführer und ein Schaltfeldwebel. Die eine Schicht dauert von 8.15 bis 20.45, die andere von 20.15 bis 8.45, am Wochenende gibt es 24-Stunden-Dienste. Im Überwachungsraum und im Technikraum stehen überall Computersysteme und Bildschirme.
Draußen macht der Name „auf windiger Höhe“ der Kaserne alle Ehre. Es ist eiskalt und der Wind durchwühlt den nachts gefallenen Schnee. Stabsfeldwebel Groß steht jedoch ungerührt mit uns ohne Jacke in der Kälte und erklärt uns alles zu den Antennen und beantwortet geduldig unsere Fragen. Es gibt hier fünf verschiedene Antennentypen, zum Beispiel P‑, C- und X‑Band. Insgesamt stehen sechs feste Antennen in Gerolstein sowie eine mobile Antenne. Das X‑Band ist ein Frequenzband nur für Militär-Kommunikationssatelliten. So ist man verbunden mit allen Einsatzländern der Bundeswehr und kann Telefonie und Datenverbindung herstellen und halten. Die Abteilung kümmert sich um den Verbindungsaufbau und um Störungsbehebung. In den Einsatzländern arbeitet ein mobiler Trupp als Gegenstelle, empfängt die Signale und leitet diese weiter. Neben jeder der Antennen steht ein Container, der manuell gesteuert wird, man muss nicht dort hineingehen und einen Hebel oder sowas betätigen. Die Antennen drehen sich minimal, während die Satelliten, von denen die Bundeswehr über zwei eigene verschlüsselte verfügt, in der immer gleichen Umlaufbahn in kleine Achten fliegen. Alle Satelliten fliegen in einer Höhe von konstant 37.000 Metern Höhe in ihrer Umlaufbahn in gleicher Geschwindigkeit wie die Erdumdrehung. Nach ca. 15 Jahren geht die Lebensdauer eines Satelliten zuende und ein Ersatzsatellit, der hinter dem Satelliten bereits in „Wartestellung“ positioniert ist, wird ihn ersetzen. Die Satelliten fliegen unheimlich dicht gedrängt auf der Höhe des Äquators über der Erde. Alle zwei Grad steht dort ein Satellit. Am 12.02.2009 wurde ein amerikanischer Kommunikationssatellit bei einer Kollision mit einem stillgelegten russischen Militärsatelliten zerstört. Bilder der europäischen Weltraumorganisation ESA zeigen, wie dicht die Erde von Satelliten im Weltraum umgeben ist. Es gibt zwei weitere Stationen in der Art wie hier in Gerolstein: in Kastellaun sowie eine zivile Station in Weilheim (deutsches Luft- und Raumfahrtzentrum). Die Einsätze werden untereinander geteilt.
In Gerolstein ist das Informationstechnikbataillon 281 zu Hause. Es gehört zum Oragnisationsbereich des Cyber- und Informationsraums (CIR) und untersteht dem Kommando der Informationstechnik der Bundeswehr. Da die Systeme für mich nicht ganz einfach zu erklären sind, zitiere ich aus der Informationsbroschüre, bevor ich Euch meine Eindrücke schildere:
„Das Informationstechnikbataillon 281 stellt als eines von insgesamt sechs Informationstechnik-Bataillonen mit seinen mobilen Kräften die weltweite IT-Anbindung für die Auslandseinsätze der Bundeswehr sicher. Mit fachlich hochqualifizierten Soldatinnen und Soldaten sowie modernen IT-Systemen verfügt das Bataillon über Fähigkeiten in den Bereichen Satellitenkommunikation, Netzwerktechnik, Servertechnik, verschlüsselte mobile Kommunikation und digitaler Richtfunk. Für die weltweiten Einsätze der Bundeswehr stellt das Informationstechnikbataillon 281 mit dem IT-System der Bundeswehr die Führungsfähigkeit sicher. Dies ist ein fundamentales Element, ohne das mobile und stationäre Kräfte nicht in der Lage wären, einen Einsatz über weite Entfernungen zu steuern und zu koordinieren.
Das Informationstechnikbataillon 281 verfügt über knapp 700 Dienstposten und gliedert sich in einen Stab, fünf Einsatzkompanien und den Stabszug. Diese Struktur befähigt das Bataillon, neben der Durchführung einer Grundausbildung für neue Soldaten, mehrere Einsätze und Übungen parallel zu besetzen, Informations- und Kommunikationsverbunde bereitzustellen und Anbindung der Einsatzgebiete an die Basis Inland sicherzustellen.
Die Kompanien des Informationstechnikbataillon 281
Die erste Kompanie bildet die Versorgungs- und Grundausbildungskompanie. Sie stellt den Ablauf der Grundausbildung sicher und stellt die materielle und technische Versorgung des Bataillons sicher.
Die zweite bis fünfte Kompanie sind Einsatzkompanien, die sich auf Systeme der Fernmeldetechnik spezialisiert haben. In der zweiten Kompanie sind Systemtrupps der mobilen Kommunikation (MobKommSys) und Servertrupps untergebracht. Die dritte Kompanie stellt Netzwerkstrukturen wie das Verlegefähige Accessnetz der Bundeswehr (VANBw) und die entsprechende Verschlüsselungstechnik bereit. In der vierten Kompanie ist die Satelliten Kommunikation verankert, dort ist das System SatComBw MK eingebunden. Parallel dazu gibt es noch zwei Züge mit digitalem Richtfunk (DigRiFu SKB). Weitere Systeme wie RBM (Transportables Kurzbandterminal), HF (Hochfrequenz Funk), TetrapolBw (Handfunkgerätenetzwerk) und SatCom EK (Satelliten Kommunikation) /VTC (Video Konferenz) betreibt die fünfte Kompanie.
Der Stabszug unterstützt mit Personal den Kommandeur und dessen Stab.“
Quelle: siehe Hyperlink oben Informationstechnikbataillon 281
Lilli Widmann, 7b
Das Verwaltungsgebäude des 281. Informationstechnikbataillon
Unser nächster Besichtigungspunkt war die erste Kompanie des ITBtl281, hier stellte Oberstabsfeldwebel Dimmer uns unter anderem die Stuben der Soldaten vor, die in der Kaserne leben. Für einen geringen Betrag im Monat können Soldaten, die weiter entfernt beheimatet sind, dort während ihres Dienstes wohnen und für ca. drei Euro in der Kantine essen. Während auf der zuvor besichtigten Bodenstation vielfältige Berufe aus dem Feld der Elektrotechnikberufe und Netzwerktechnik ausgeübt werden, arbeiten in den Büros Soldaten z.B. als Bürokaufmann.
Bei der sich anschließenden Bunkerbesichtigung wurde uns die Waffenkammer durch Oberfeldwebel Schwartz vorgestellt, in der jeder Soldat sein eigenes Gewehr lagert und eine weitere Vielzahl an Waffen eingelagert sind. Außerdem lagern hier Panzerfäuste und diebstahlgefährdetes Material wie hochwertige Ferngläser u. A.. Die Munition wiederum wird gesondert gelagert. Die Waffenkammer steht unter ständiger Bewachung, so wie man das Gebäude Tag und Nacht nur betreten darf, wenn einen der diensthabender Unteroffizier vom Dienst (UVD, erkennbar an seiner Armbinde, die ihn als solchen kennzeichnet) passieren lässt. Die Luftschutzbunker aus dem Kalten Krieg wurden teilweise bis auf einen Teil geflutet. Die Gänge leuchten im Dunkeln zur besseren Orientierung, wenn der Strom ausfällt. Die Leuchtstreifen in den Gängen bestehen aus fluoreszierender Wandfarbe. Alle Gebäude „auf windiger Höhe“ waren während des Kalten Krieges mit einem Rohrsystem miteinander verbunden für den Angriffsfall.
Jan Weyres, 8a
Die EPa
Als Nächstes zeigte uns Hauptfeldwebel Brumm, Leiter der Verpflegungsgruppe im ITBtl 281, die berühmte Einmannpackung. Die EPa wiegt um die 2kg und ist ein Verpflegungspaket, mit dem sich ein Soldat mindestens einen Tag lang versorgen kann, falls keine reguläre Versorgung durch Feldküche oder Kantine möglich ist. Die EPas werden bei den zahlreichen Übungen verwendet. In einer EPa befindet sich abgepackt in Portionen besonders haltbare, sofort verzehrbare Nahrung wie normale Fertiggerichte, die nicht extra aufbereitet werden müssen und auch kalt gegessen werden können. Die Haltbarkeit solcher Pakete hängt stark von ihrer Lagerung ab. Die Bundeswehr gibt die Haltbarkeit (Verbrauchszeit) mit dreieinhalb Jahren an. Die Pakete halten aber viel, viel länger! Eine EPa hat ca. 3400 Kilokalorien.
Beispiel für den Inhalt eines EPas (seit 1981):
Kartoffeln und Gemüse 300 g
Brot 170 g
Weizenkeimlingskeks 100 g
Brotbelag Bierwurst 50 g
Brotbelag Geflügellyoner 48 g
Konfitüre 2 × 25 g
Müsli Schweizer Art 80 g
Joghurtdessert mit Waldbeeren 80 g
Erdnüsse gesalzen, geröstet 30 g
Energieriegel „Chocolate“ 60 g
Energieriegel „Apfel-Zimt“ 50 g
Hypotonisches Getränkepulver 4 × 37,5 g
Basismodul 1 Beutel
Insgesamt gibt es 15 Sorten Epas. Die letzten drei Typen EPa wurden speziell für die Spezialeinsatzkommandos entwickelt, die bei starker sportlicher Anstrengung einen besonders hohen Kalorienbedarf haben. Dazu gibt es bereits vegetarische EPas und EPas für Muslime ohne Schweinefleisch, deren Inhalt halal (nach islamischem Recht zulässig) ist. Die Nachteile der EPas sind einfach ihr hohes Gewicht, bei einem Marsch von fünf Tagen hat man echt viel zu schleppen und das hohe Müllaufkommen. Man sollte sich nicht länger als 30 Tage mit EPas ernähren, danach ist frisch zubereitete Nahrung wichtig. Für uns waren die „Panzerkekse“ der Burner! Sie lassen sich sogar anzünden!
Eduard Wall, 9b
Die Stuben der Bundeswehr
Die Stuben der Soldaten sind sehr schlicht eingerichtet, jedoch inzwischen viel komfortabler als zu der Zeit, in der das Kasernengebäude errichtet wurde (in den 1960er Jahren). Früher schliefen die Soldaten in Stuben mit meistens acht Personen und hatten sehr wenig Komfort. Heute sieht es anders aus die, Soldaten schlafen meist in Stuben mit zwei bis vier Personen und haben einen Fernseher, auf dem sie gerne am Abend auch mal zusammen eine Runde Fifa spielen. Die Stube kostet im Monat einen geringen Betrag, was wohl eher ein symbolischer Betrag ist. Die Soldaten richten sich ihre Zimmer gerne so ein, dass sie sich wohlfühlen. Im Allgemeinen haben die Soldaten in ihren Stuben heute viel mehr Privatsphäre als früher. Dass aber Ordnung und Disziplin herrscht, konnten wir sehen, als uns ein zufällig gewählter Schrank geöffnet wurde: akkurat und auf den Zentimeter, wenn nicht Millimeter genau waren die Hemden, T‑Shirts und andere Anziehsachen gefaltet und präzise übereinander gestapelt. Respekt!
Kim Wagner, 8a
Interview mit Oberstabsfeldwebel Werner Dimmer
IGEL: Herr Oberstabsfeldwebel Dimmer, herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, für unsere Schülerzeitung IGEL an der KLR+ Prüm ein paar Fragen zu beantworten. Auch die Tatsache, dass wir heute den Tag hier in Lissingen in der Eifel-Kaserne „Auf windiger Höhe“ verbringen dürfen, haben wir Ihrem Tipp an die Nachwuchsgewinnung zu verdanken. Wir sind sehr stolz, diese Einladung bekommen zu haben und wollen natürlich maximal viel über Sie und die Arbeit hier herausfinden.
Kim: Herr Oberstabsfeldwebel Dimmer, wie viele Jahre arbeiten Sie schon im Dienst der Bundeswehr?
OStFw Dimmer: Das sind inzwischen 28 Jahre! Seit 14 Jahren bin ich hier Kompaniefeldwebel. Vorher war ich bei der Deutschen Bahn beschäftigt.
Timo: Was für ein Dienstgrad ist „Oberstabsfeldwebel“?
OStFw Dimmer: An meiner Schulterschnur-Kordel erkennst Du, dass ich hier der Spieß bin. Ich kümmere mich um Ordnung, Sauberkeit, die Verpflegung und bin für die Ausbildung zuständig. Oberstabsfeldwebel versehen in der Regel ihren Dienst in höheren Stäben und Ämtern. In der Truppe werden sie in herausgehobenen Dienststellungen eingesetzt.
Aimane: Müssen Sie die Ihnen untergebene Soldaten mit „Das ist ein Befehl!” ansprechen, damit diese gehorchen?
OStFw Dimmer: In meiner gesamten höheren Soldatenlaufbahn musste ich nie jemanden mit „Das ist ein Befehl!“ ansprechen. Mein Stil ist eher der der kooperativen Führung. Ich bin hier mehr oder weniger auch für die emotionale Ebene zuständig. Trotzdem und gerade deswegen gibt es klare Regeln und Strukturen. Ich persönlich lasse meine Kompanie (und das sind immerhin 180 Soldaten) jeden Morgen um 7.00 antreten zum Appell.
Anmerkung IGEL: Seinen „kooperativen Führungsstil“ konnte der IGEL eindrucksvoll erfahren, zu Beginn hat Herr OStFw Dimmer den „Spieß” markiert, nachdem ich (Aimane) soldatisch aufgefordert wurde, meine Hände aus der Tasche zu nehmen, hat sich die Lage mit der Zeit immer mehr gelockert.
Jan: Zur Karriere eines Bundeswehrsoldaten gehört auch der freiwillige Einsatz in einem Krisengebiet dazu. Sie waren mehrmals in Afghanistan. Würden Sie uns ein bisschen von Ihren Eindrücken aus Afghanistan berichten?
OStFw Dimmer: Ich war in Bosnien, dem Kosovo und zwei Mal in Afghanistan. 2006 konnte ich mithelfen beim Aufbau eines neuen Camps. Das war sehr spannend. Ansonsten muss ich einfach sagen, wenn ich da jetzt anfangen würde, säßen wir in einer Woche noch hier. Das wäre ein Thema, wenn Ihr mich in die Schule einladen möchtet.
Armin: Nach Angaben der Bundeswehr vom 2. Oktober 2015 kamen seit 1992 bei Auslandseinsätzen 106 Bundeswehrangehörige ums Leben, davon 37 durch Fremdeinwirkung und 22 durch Suizid. Mit welchen Gefühlen bleibt da die Familie bei einem Einsatz im Krisengebiet zurück? Wird man psychologisch betreut?
OStFw Dimmer: Diese Frage kann Euch der Kollege Schwartz vom Karrierezentrum gleich vermutlich besser beantworten als ich. Außerdem wäre meine Frau die bessere Ansprechpartnerin, weil sie es ja war, die monatelang alleine mit vier Kindern den Laden schmeißen musste. Aber zu Deiner Frage, ja, man wird hervorragend durch diese Zeit vorbereitet und betreut.
Kim: Ist es Ihrer persönlichen Einschätzung nach positiv oder negativ zu bewerten, dass die Wehrpflicht abgeschafft wurde?
OStFw Dimmer: Eigentlich empfinde ich die Abschaffung als negativ. Sie hat vielen jungen Menschen eine berufliche Perspektive und Absicherung eröffnet. Aber nach einer kleinen Durststrecke nach Abschaffung der Wehrpflicht hat sich das Interesse am Wehrdienst wieder stabilisiert und erfährt gerade eine Renaissance. Die Bundeswehr ist in meinen Augen ein attraktiver Arbeitgeber.
Kim: In letzter Zeit hört man vermehrt von Angehörigen der Bundeswehr mit rechtsradikalen Tendenzen. Empfinden Sie, dass die Bundeswehr ausreichend sensibilisiert ist, um das Problem zu erkennen und mit welchen Strategien begegnet die Bundeswehr dieser Problematik?
OStFw Dimmer: Definitiv ja. Die Bundeswehr ist ja quasi ein Spiegel unserer Gesellschaft in Deutschland, wir sind fast multikulti, kann man sagen. Da kommen auch „schwarze Schafe“ in unsere Reihen. Man sollte mit diesem Problem sehr aufmerksam umgehen. Wir in Gerolstein sind da gut sensibilisiert und bei Rechtsradikalen in der Bundeswehr fahre ich eine absolute Null-Toleranz-Schiene.
Eduard: Die Bundeswehr ist ja eine Teilstreitkraft der NATO und in die Luftaufklärung über Krisengebieten eingebunden. Wer hat denn im Fall der Fälle den Oberbefehl über NATO-Einsätze?
OStFw Dimmer: Die NATO ist ein Bund, daher entscheiden alle Mitgliedsstaaten gemeinsam. Den roten Knopf, den Ihr Euch da so vorstellt, auf den ein Einzelner drückt, gibt es nicht.
Lilli: Muss man sich auch in älteren Dienstjahren körperlich fit halten? Gibt es da ein dienstliches Training? Und ist das hart?
OStFw Dimmer: Die sportlichen Bedingungen werden dem Alter angepasst etwa so wie das Sportabzeichen. Ich trainiere freiwillig und darf das erfreulicherweise während meiner Arbeitszeit absolvieren. Noch bin ich mit meinen 47 Jahren an vorderster Front dabei und fitter als so mancher frisch Rekrutierter.
Aimane: Sind Sie schon in brenzlige Situationen während ihrer Dienstzeit geraten?
OStFw Dimmer: Ich persönlich nicht, da ich während meiner Auslandseinsätze eher in der zweiten Reihe beschäftigt war. Ich habe aber während meiner Einsätze Vieles mitbekommen, was meinen Kameraden zugestoßen ist. Ich werfe hier nur einmal den Begriff „Green on Blue“ ein.
Recherche Aimane: Green on Blue in Afghanistan
Green on Blue heißt, wenn „Freunde” die Waffe auf „Freunde” richten, in Afghanistan hat sich dieses Problem als Stufe rot entpuppt. Die Einzelfälle übersteigen die Messlatte. 54 Gefallene der ISAF-Truppen, die durch feindlichen Beschuss ums Leben kamen, zählte eine Website 2017.
„Nach dem Beschuss durch die eigenen Kameraden, euphemistisch friendly fire und mehr technisch Blue on Blue genannt, demoralisiert eine Truppe vor allem der Beschuss aus den Reihen von Verbündeten. Green on Blue heißt das, wenn die (vermeintlichen?) Freunde die Waffe auf ihre Partner richten, und mit dem heutigen Tag hat sich das in Afghanistan noch mal mehr als Problem erwiesen: Ein Soldat der afghanischen Armee (ANA) erschoss im Süden des Landes zwei britische Soldaten; am Abend wurde ein weiterer Fall gemeldet, bei dem ein ISAF-Soldat von einem afghanischen Polizisten erschossen wurde. (…) 54 Gefallene der ISAF-Truppen, die durch feindliche Aktivität ums Leben kamen, zählte die Webseite icasualties.org bislang in diesem Jahr. Davon sind 16 Gefallene durch Green on Blue ums Leben gekommen. Das ist knapp ein Drittel. Jeder Fall ist einer zu viel, aber bei einem Drittel dürfte sich jeder Soldat im ISAF-Einsatz noch ungemütlicher fühlen. Nach dem Mord an zwei US-Offizieren im afghanischen Innenministerium Ende Februar, der wiederum eine offensichtliche Reaktion auf die Koran-Verbrennung durch amerikanische Soldaten war, hatte unter anderem die Bundeswehr vorübergehend das Partnering eingestellt, die gemeinsamen Operationen (und Ausbildung) mit den afghanischen Soldaten.”
Quelle: siehe Hyperlink oben „Green on Blue”
Familienbetreuung bei der Bundeswehr
Auslandseinsatz nennt man einen Einsatz einer Einsatzorganisation (Streitkräfte, aber auch der zivilen Kräfte, wie der Polizei oder Einheiten des Katastrophenschutzes und Rettungsdienstes) außerhalb des eigenen Staates. Dabei wird zwischen Hilfeleistung im Not- und Katastrophenfall (Katastrophenhilfe), humanitärer Hilfe, Such- und Rettungsdiensten, Ausbildungszwecken, sowie Peacekeeping und Friedenserzwingung unterschieden. Der erste Auslandseinsatz der Bundeswehr war 1992 in Somalia, der nächste folgte 1999 im Kosovo. Aktuell gibt es 15 Auslandseinsätze, in den deutsche Streitkräfte eingebunden sind, das sind im Sudan beispielsweise gerade einmal zwei deutsche UN-Beobachter, Luftraumsicherung über dem Baltikum (100 Soldaten und vier Jagdflugzeuge), derzeit etwa 473 deutsche Soldaten im Kosovo, 129 Soldaten vor der Küste des Libanons, 892 Soldaten im Einsatz in Mali, eine bis zu 980 Soldaten starke Trainingsmission in Afghanistan und und und… Einen Auslandseinsatz nennt man erst dann Auslandseinsatz, wenn man mindestens 30 Tage im Ausland ist, alles darunter ist eine Dienstreise.
Wenn ein Familienmitglied außerhalb der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt wird, stellt das sowohl für den Soldaten als auch für dessen Angehörige eine große emotionale Herausforderung dar. Soldat und Familie können vielerlei Hilfe in Anspruch nehmen. Sie können sich beispielsweise an die Familienbetreuungsorganisation (FBO) über ein Familienbetreuungszentrum (FBZ) oder eine Familienbetreuungsstelle (FBSt) wenden. Im Voraus sollte ein Soldat dort zwei enge Familienmitglieder oder Freunde nennen, die in dem Fall bei einer Verletzung oder etwas Schlimmeren persönlich informiert werden (in der Soldatensprache „Sonderfall im Einsatz“). Für Jeden der Hilfe benötigt, wird Hilfe angeboten, egal, ob es um Geldangelegenheiten geht, sollte im „worst case“ nach einem Dienstunfall die Wohnung behindertengerecht umgebaut werden müssen oder um psychologische Hilfe. Auch gibt es Militärpfarrer, die für Gespräche allgemein (Beziehungsprobleme, Trennung…) oder zum Thema Traumabewältigung zur Verfügung stehen.
2009 wurde ein neues Gesetz festgelegt, mithilfe dessen man PTBS-Patienten (Posttraumatisches Belastungssyndrom) helfen kann und diesen nicht einfach gekündigt wird. Sie können bis zu dreimal um jeweils 5 Jahre lernen, ihren neuen Alltag zu meistern und bekommen dabei volles Gehalt.
Leider kommen in unseren Medien nicht immer alle Nachrichten von Vorfällen während der Auslandseinsätze der Bundeswehr an. Die Medien als Spiegel unserer Gesellschaft interessieren sich scheinbar weniger dafür, ob Soldaten sich für Frieden und Stabilität in anderen Ländern einsetzen und dabei vielleicht verunglücken als dafür, dass Justin Bieber und Selena Gomez wieder ein Paar sind. Nur wenn ein handfester Skandal auftaucht wie momentan der Fall Franco A. aus Illkirch, dann ist die Berichterstattung wieder „an vorderster Front“ aktiv.
Kim Wagner, 8a
Wir möchten uns sehr herzlich bei der Bundeswehr bedanken und insbesondere beim Hauptgefreiten Maximilian Stein und beim Oberstabsfeldwebel Werner Dimmer für einen anregenden und lehrreichen Tag.
Das IGEL-Projektteam
Fotos: Pressestelle des Informationstechnikbataillon 281 (ITBtl 281)
Impressionen von „IGEL goes Bundeswehr”
Hallo liebes Igel-Team,
toller Artikel, freue mich auf den Interview-Fragenkatalog, den ihr mir zusenden wollt.
Viele Grüße,
Andreas
Spitze Artikel ❤️
Großartiges Projekt und sehr informativer Artikel! Ihr macht einen richtig guten Job!
War bestimmt sehr cool da.
Allerdings! Das nächste Mal bist du dabei.
Liebes IGEL-Team,
dieser Artikel ist wirklich gut geschrieben. Es war mit Abstand der beste Artikel, den ich je gelesen habe.
WEITER SO 🙂